Ein guter Lehrer

Ich packe fast jedes Jahr mein Pony auf den Hänger und fahre dreieinhalb Stunden - um Reitstunden zu nehmen (und auch, um liebe Menschen wiederzusehen, aber das könnte ich ja auch ohne Pony..)
Dabei gibts doch Reitlehrer wie Sand am Meer, sollte man denken.
Schon, aber wieviel Reitlehrer gibt es, die es schaffen, dass man nach der Stunde stolz auf sich und auf's Pony vom Pferd steigt, ein breites Grinsen im Gesicht, und sich zwei Meter größer fühlt? Dass man wieder daran glaubt, diesen kniffligen Kram doch noch irgendwann zu lernen? Und das wichtigste: dass nach der Stunde Pferd und Reiter ein besseres Team sind als vorher, BEIDE Spaß hatten, beide beschwingt vom Platz gehen? Und tatsächlich besser geworden sind, nachhaltig?

Solche Lehrer sind selten. Nicht nur Reitlehrer. Die Regel ist: es wird gemeckert statt gelobt, der Schüler wird mit der Nase drauf gestossen, was er alles NICHT kann (als ob man das nicht selber wüsste), und dann kleingestutzt, frustriert und ratlos alleine gelassen.
Auf den Hundeplätzen ist es oft auch so: Da wird mit Inbrunst Fehlergucken betrieben - der Hund sitzt schräg! Trödelt! Ist zu schnell! Doppelkommando gegeben! usw usf.
Aber bringt das was?
Selbst wenn man alles weglassen könnte, was man falsch macht, ist man immer noch sehr sehr weit von richtig entfernt. Denn erfolgreiches Lernen bedeutet nicht, weniger Fehler zu machen, sondern mehr richtig zu machen. Wer krittelt, erreicht nur, dass der Schüler sich gehemmt und gelähmt fühlt und irgendwann lieber gar nichts mehr tut.

Und ein guter Lehrer setzt seine Energie nicht dafür ein, Probleme zu finden, sondern Lösungen.
Das ist natürlich ungleich schwieriger. Fehler gucken kann jeder. Aber den Ansatzpunkt für eine positive Veränderung zu finden, die der Schüler auch umsetzen kann - das ist schwer! Denn zu sagen: "Der Hund muss dichter bei dir laufen", das ist einfach. Nur wie komme ich dahin? Also: Problemlösungen anbieten, und die auch noch kleinschrittig und umsetzbar aufgebaut und erklärt. Auf eine Art und Weise, die zum Schüler passt, seine Fähigkeiten optimal fördert und ihm hilft, Schwächen zu überwinden: DAS ist mal echt nicht einfach.

Wer so einen Lehrer gefunden hat, der hat einen 6er im Lotto gezogen.

Für mich sind diese Gedanken vor allem Anstoß, mir darüber klar zu werden, was für einen Lehrer ich selbst für meine Tiere abgebe,
Bin ich jemand, der ihnen hilft, über sich hinauszuwachsen? Der ihnen das Gefühl gibt: Jaaa!! Genau so!!! Weiter so!!! Und jetzt noch hier ein bisschen... Ja! Und da... genau... besser...besser...ja!!!
Oder bin ich eher: Lass das, das ist falsch, hör auf, nein, willst du wohl... nein, nicht so!!! 

Ich denke, mal so mal so. Ich muss nur meine Vierbeiner anschauen, um zu erkennen, in welcher Form ich heute bin. Und wenn mal was nicht geklappt hat, dann versuche ich, zu analysieren, wie ich drauf war, ob ich mehr gemeckert habe als gelobt, ob ich ein klares Ziel und einen Plan hatte, ob das, was ich wollte, überhaupt fair und realistisch war.

Und dann versuche ich, auch mir selbst gegenüber auch ein guter Lehrer zu sein und mir zu sagen: Jetzt weißt du, was du besser machen musst! Statt: Mal wieder alles falsch gemacht.





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