Hunde, die bellen...

Teenager schwanken zwischen Überempfindlichkeit und Größenwahn, das weiß jeder, der sich mal mit Heranwachsenden herumgeschlagen hat, ob Mensch, ob Pferd, ob Hund. "Plötzlich" benimmt sich der Hund anders, und oft verbellt er auf einmal alles mögliche. Hunde machen typischerweise im zweiten Lebenjahr eine Phase der Unsicherheit durch.

Keine Überraschung also, dass auch Blacky so ein Verhalten an den Tag legt. Allerdings sehr selektiv. Auch das ist typisch, von diesem Phänomen betroffene Hundebesitzer haben dann auch stets ein großes Fragezeichen auf der Stirn - warum bellt er ausgerechnet X oder Y an? Hat aber mit Z kein Problem?
Relativ einfach zu beantworten ist die Frage, wenn es Dinge gibt, vor denen der Halter selbst ein bisschen Respekt hat - große, fremde Hunde zum Beispiel. Merkt der Hund die Unsicherheit des Halters, ist er selbst unsicher und bedient sich der bewährten Strategie: Angriff ist die beste Verteidigung. Aber damit ist ist längst nicht alles erklärt.

Ich habe jetzt ein paar Tage lang über Blackys neuen Tick gegrübelt.
Er hat einige Male den großen bösen Hund herausgekehrt - und zwar ausschliesslich, wenn er frei läuft, und es waren immer Männer, die er verbellt hat. Und zwar jung bis mittleren Alters, die völlig normal, ohne Hund, und ohne jedes Interesse an ihm entgegenkommen. Alles andere - Frauen, Kinder, Radfahrer, Hunde, alte Leute, Pferde - keine Reaktion. Habe ich Angst signalisiert? Ganz sicher nicht. Es waren völlig harmlose, normale Männer, vor denen ich nicht den Hauch von Angst habe. Keine dunklen Gestalten mitten in der Nacht.

Es hat ein bisschen gedauert, bis es mir dämmerte.

Von Anfang an war mir klar, dass Blacky eher zur Kategorie Hasibärchen gehört. Er ist nicht besonders mutig, und reagiert zunächst eher mit Rückzug als mit Angriff. Solche Hunde entwickeln sehr leicht eine Angstaggression, vor allem, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ungeschützt sind und Flucht keine Option ist. Entsprechend habe ich mit Blacky extrem dagegen gearbeitet. Er soll sich nicht verteidigen müssen (und er sollte natürlich auch nicht freudig und voller Begeisterung überall hin flitzen).

Die Strategie war also von Anfang an: Bei Begegnungen Sicherheit geben, zeigen, dass ich die Situation unter Kontrolle habe. Keine Kontakte an der Leine, weder Hund noch Mensch. Bei Begegnungen Hund zu mir, auf die abgewandte Seite, kein Aufhebens machen, aber deutlich zeigen: Überlass die Führung mir. Hat super geklappt. Dachte ich. Denn da gab es eine kleine Lücke in meinem System.

Ich wollte nicht, dass er Joggern hinterherrennt, habe also bei Joggersichtung entsprechend reagiert. Gleiches bei Fahrrädern, bei Kindern, bei alten Leuten, bei Menschen mit Hunden.  Bei Damen in langen Kamelhaarmänteln. Bei Leuten, die misstrauisch guckten, sowieso. Ich habe also immer Führung signalisiert. Ausser - ja ausser, wenn ich dachte: Ach, der stört sich nicht an meinem Hund. Ich habe Männer, die den Hund gar nicht beachtet haben (also offensichtlich auch keine Angst hatten), einfach nicht für wichtig genug gehalten, um zu reagieren. Fremde Männer wurden von mir einfach nicht in die Kategorie: Lass nur, ich kümmere mich schon drum! gesteckt. Schön blöd!

Tja, jetzt kümmert sich der Pudel drum. Rennt hin (an der Leine guckt er nichtmal hin, an der Leine ist er ja sicher!), bleibt 5 Meter vor dem Mann stehen und bellt.  Dabei ist er offensichtlich unsicher und sehr aufgeregt - zu aufgeregt, um auf mich zu hören. Zumal von mir Geschimpfe kam, bzw. ich ihn mir einmal unsanft gegriffen habe - was Blacky noch unsicherer und das Ganze schlimmer machte.

Denn da ist das nächste Problem. Meist wird versucht, ein solches Verhalten mit "Lass das!", mit Abbruchsignalen und Strafe abzustellen. Da werden Wurfdiscs geschleudert, mit Wasser gespritzt, geschimpft und gezetert. Was im besten Fall nichts nützt, im ungünstigen Fall alles schlimmer macht und das Vertrauen des Hundes zusätzlich bröckeln lässt. Eigentlich logisch, wenn man sich in den Hund versetzt:

Hund: "Da! Ein böser Mann! Du hast ihn nicht gesehen, aber ich! Um den muss ich mich kümmern, ich jag ihn weg! Keine Sorge, ich mache das!"
Frauchen: "Du Idiot, lass das! Nimm das *schepperkrach* und das *spritz*"

Hmmm.

Die Antwort sollte sein: "Ah, ja, Danke. Du hast besser aufgepasst als ich. Komm her, ich mache das schon!"

Also: Freundlich heranrufen, den Hund abschirmen, Alternativverhalten abfragen (z.B. Sitz), belohnen.

Natürlich befolgt Blacky den Rückruf in seiner Aufregung nicht sofort, was blöd ist, aber nicht besser wird, wenn ich ihn anschreie.  Eine Lösung ist dann z.B. die gute alte Schleppleine, mit der ich ihn einsammeln kann. Und ich muss vorausschauend laufen und besser aufpassen - bis Blacky mir glaubt, dass ich auch mit arglos herumlaufenden, vollkommen harmlosen Männern umgehen kann...



2 Kommentare:

  1. Habe das gleiche/ähnliche Problem aber mit einem Therapiehund. Nie so gewesen auch nie in der Ausbildung. Nun 6 Jahre und sie meint sie müsse auf Ausländer und dunkel gekleidetet Männer zurennen und bellen. Bleibt aber ca. 3 Meter davor stehen und wedelt aber mit der Rute. Sie beißt nicht. Sie springt auch keinen an. Hundeschule meint, das wäre ein Beschützerinstinkt durch die Ausbildung. Mit Hunden spielt sie seid dem 2ten Lebenjahr nicht mehr oder selten. Sie verträgt sich mit jeden Hund bis auf kleine Rassen. Meine: ( Golden -Retriever) Sie wurde von einen Jack -Russel gebissen und seid dem meidet sie ganz kleinere Hunde. Bei Großrassen ist sie erst einmal vorsichtig aber schnuppert dann doch, selten spielt sie mal. Komisch, am Strand, Badesse wenn sie Schwimmen kann bellt sie Niemanden an. An der Leine auch nicht. Sie macht es nur wenn sie leinenlos läuft und ich wie du mal nicht aufpasse, oder zu spät einen Mann sehe. Ich denke aber mehr, es ist Angst. Sie bellt auch Gegenstände an die vorher nicht an der stelle standen aber komischerweise nicht immer. Mit Männern genauso. Es kann sein dass sie einen Mann anbellt und Morgen den selben Mann sieht und nichts macht. Hundeschule will aber nichts machen, ich brauche es angeblich nicht. Aber mich nervt es tierisch, wenn sie es macht, da sie eben Therapiehund ist, und zudem werde ich auch beschimpft, mein Hund wäre nicht erzogen und anderes. Schleppleine habe ich nicht mehr, aber ich werde nun darauf achten, dass sie nicht zuweit vor läuft und sie dann anleinen. Ich habe sie aber nie angeschrien. Wohl mal Pfui gesagt aber nicht im scharfen Ton. Sonst ist sie super lieb, treuer Gefährte, sehr gelehrig, kann viele Dinge. Zu Hause im garten der nicht eingezäunt ist bleibt sie. Kommen da leute vorbei, kein Geblle. Sie ignoriert Hunde wie Menschen.
    Kinder liebt sie da bellt sie auch nicht, auch nicht bei Frauen. Was ist mit ihr los? Heute zum ersten Mal hat sie 2 liebe Listenhunde angebellt. Die 2 anderen Hunde taten nichts, blieben ruhig. Die Zähne hat sie auch mal gezeigt, und das macht mir Sorgen. Therapiehund und Angst? Hat sie eine Aufgabe ist sie abgelenkt. Sie trägt ihre Leine nach Hause oder Einkauf. So habe ich versucht wenn ich einen Mann sah, einen Ball zu werfen, aber das half nichts. Obwohl sie sehr suf den Ball fixiert ist.
    Wer weiß Rat? 3 Hundeschulen meinten, solange sie keinen anspringt und Abstand hält wäre alles OK. Für mich aber nicht. Es kann ja auch mal anders kommen, und das möchte ich vermeiden.
    (Aber eine Schleppleine kann man sich ja besorgen und wieder damit üben) Vielleicht hilft das schon.
    Dein Beitrag gibt mir Mut, dass meine Hündin wieder die alte ist und das Bellen lässt. Neu ist auch, dass sie Silvester bellt. Laute Traktoren auch anbellt. Also Angst.
    LG:
    Tamara

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  2. Hallo Tamara,
    ich würde deinen Hund immer heranrufen und abschirmen - also zwischen sie und die Menschen oder Hunde treten. Ansonsten ruhig bleiben und Geduld haben!
    Ablenken finde ich eher nicht so sinnvoll - in dem Moment, in dem dein Hund etwas wirklich bedrohlich findet, wird er sich nicht ablenken lassen. Und Strafe finde ich - habe ich oben ja geschrieben - unfair. Das einzige, was wirklich das Verhalten ändert, ist Sicherheit geben, den Hund eben nichts klären lassen, sondern selbst übernehmen.
    Dass die Hundetrainer dich nicht unterstützen wollen, finde ich allerdings ziemlich schwach. Zumal sich so ein Verhalten sehr schnell verschlimmern kann!

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