Ich neige ja eher zu Aktionismus. Problem? Lösung! Und zwar bitte sofort. Dass es so bei der Ausbildung eines Hundes nicht geht, ist klar - für mich ist dieses nicht-sofort-etwas-tun-können eine riesige Frustquelle.
Daher ist es mir sehr wichtig, mich erst einmal aus dem Problem soweit wie möglich herauszunehmen, Abstand zu bekommen, Frust oder Enttäuschung für mich abzuarbeiten (denn wenn man diese Gefühle im Umgang mit dem Hund zulässt, macht man viel kaputt), in Ruhe eine Strategie auszuarbeiten und die dann umzusetzen.
Blacky hat ja bisher eigentlich keine "Probleme gemacht", alles lief super. Dass der heranwachsende Hund selbstständiger wird, auch mal auf Durchzug stellt, völlig normal. Aber dann ist er mir ein paar Mal - so 3-4 Mal - abgedüst. Für mich unvorhersehbar (in dem Moment). Und war dann für ein paar Minuten auf Abwegen. Er kam dann wieder, ja - trotzdem: Genau das will ich doch auf keinen Fall!
Wenn aber, trotz aller Vorarbeit, trotz allem Rückruf-Übens, allem Jagdverhalten-Vorbeugen-Trainings dann das eintritt, was man am meisten fürchtet - ein Hund, den man nicht ableinen kann - Schock. Frust. Enttäuschung. Und für "Ich bin dann mal weg" gibts eben keine schnelle Lösung.
Also habe ich die letzten Wochen damit verbracht, darüber nachzudenken, was denn nun schief gelaufen ist. In welchen Situationen ist das passiert? Schnell beantwortet: Im Freilauf am Pferd - oder an Stellen, wo ich gewöhnlich mit Pferd lang komme. Also gabs erst mal keinen Freilauf am Pferd mehr, und die Zu-Fuss-Gassi-Runden an "sicheren" Wohlfühl-Orten. Erst mal keine Experimente mehr. Durchatmen. Zeit, erst mal genau hinzuschauen.
Die erste Überraschung: Das angeleinte Laufen am Pferd fand Blacky überhaupt nicht schlimm. Es ist gut geübt, er läuft entspannt und sicher an der Leine, zieht nicht, und aufs Pony ist Verlass. ICH war diejenige, die sich innerlich gegen die Leine gesträubt hatte, das schöne Bild vom brav mitlaufenden, unangeleinten Hund unbedingt genau so haben wollte. Ich hatte erwartet, dass dem Hund, so wie mir, irgendwie was fehlen müsste - aber nein, er schien total zufrieden.
Im Vergleich fiel mir auf: Im Freilauf am Pferd hatte er in den Wochen davor ein ganz anderes Bild geboten: flitzte lebhaft und aufgedreht herum, rannte immer wieder vom Weg runter, musste gerufen werden, kam zurück, rannte wieder los - und "hörte" mich irgendwann nicht mehr. Und das sah wirklich so aus, als würde er mich nicht hören - nicht wahrnehmen, nicht einordnen können. Mein Hund war, wie man in Hundereziehungs-Sprech so sagt, schlicht überdreht. Die erwachenden Sinne völlig überflutet, und der Hund überfordert damit, das alles einzuordnen. Und ich, auf dem Pony im "Wissen" dass er da ja immer hinterherkommt, nicht wirklich für ihn da. Und obendrein immer recht flott unterwegs - zu flott...
An der Leine dann, in ruhigerem Tempo, gab es wieder, was Blacky eigentlich braucht: eine klare Linie, deutliche Führung, wenig Adrenalin, viel Sicherheit. Oder wie meine Mitreiterin sagte: "Ich glaube, der ist froh, dass er nicht mehr den ganzen Wald abchecken muss!" Das Jagen - oder besser: aufgeregt herumrennen - als Übersprungshandlung aus schlichter Überforderung. Und ich habe die Anzeichen nicht gesehen oder nicht sehen wollen.
Inzwischen sind wir wieder auf dem Stand, dass er ohne Leine mitläuft. Im Moment nur, wenn wir alleine unterwegs sind, und ich nicht abgelenkt bin. Immer nur phasenweise, dann wieder "Pause" an der Leine. Mit sehr viel Ansprache von mir. Und unter verstärktem Leckerlie-Einsatz. Denn das war die zweite Erkenntnis meiner Grübelphase: Das unerwünschte Verhalten "abstellen" wird nicht klappen. Brüllen, Schimpfen führt nur dazu, dass der Hund erst recht nicht kommt. Es muss ein Alternativverhalten her. Habe ich dem Hund wirklich beigebracht, was ich eigentlich will?
Im Grunde nicht. Für Blacky taugt es nicht, ihm "freie Hand" zu lassen und ihn halt zu rufen, wenn er kommen soll. Entspannter und damit zugänglicher ist er, wenn er nah bei mir bleibt. Aber kriege ich das hin, einen engen Radius zu trainieren? Der Standard dafür ist ja Schleppleinentraining - aber das geht am Pferd nicht, und sobald irgendeine Art von Leine dran ist, gibts nix zu trainieren, dann läuft der Hund eh in meiner Nähe und nutzt die Schlepp nicht aus. Ich habe ihm nur nie gesagt, dass er das doch bitte ohne Leine auch tun soll. Also: Erarbeiten wir das doch mal!
Beim erneuten Durcharbeiten meiner schlauen Bücher bin ich (bei Jean Donaldson) auf den Satz gestossen, dass die meisten Leute viel zu selten belohnen und viel zu früh damit aufhören. Stimmt - denken wir nicht alle immer: Müssen so viele Leckerlie sein? Na ja, wenn man schnell und effektiv etwas über positive Verstärkung erreichen will: Ja. Würde Frau Donaldson sagen. Weil ein neues Verhalten bei einer sehr hohen Belohnungsrate viel schneller verankert wird.
Also Würstchenoffensive. Beim Reiten fliegt im Minutentakt - mindestens - ein Stückchen Wurst oder Trockenfutter. Für jedes Zu-Mir-Schauen, für jedes sofort Umdrehen, für jedes neben mir her Laufen. Klappt super, mal davon abgesehen, dass Frau Pony dauernd stehenbleibt und motzt und auch was haben will. Blacky läuft neben, kurz vor oder kurz hinter mir, guckt ab und zu entspannt in der Gegend rum, wenn er doch mal startet, Pfiff - Leberwurst (und erst mal wieder an die Leine).
Zu Fuß nutze ich jeden Spaziergang zum Üben, bin viel aufmerksamer, rufe ihn aus vielen Situationen, z.B. dem Spiel mit anderen ab und belohne belohne belohne - und es klappt immer besser. Erscheint er mir abgelenkt, gestresst, unruhig kommt die Schleppleine dran. Ist er wieder entspannt, gehts wieder ohne.
Nein, ich glaube, der Pudel ist keine "Jagdsau". Ich bin froh, dass er so schnell lernt - jedenfalls schneller als ich. Ich habe für frustriert sein, nachdenken, Lösung finden und mich dazu aufzuraffen, es auch durchzuziehen, länger gebraucht...
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