Der Michelangelo der Hundeerziehung

Es soll ein Welpe sein - denn den kann man formen, wie man ihn haben möchte!

Das ist mal ein Satz, der unfehlbar den Hundeanfänger entlarvt. Wenn man dann mal die eine oder andere intensivere Erfahrung damit gemacht hat, ein Lebewesen zu "formen", wird man doch etwas demütiger.

Das Ganze hat ja zwei Seiten. Erstens, ganz klar, ist kein Hund ein endlos formbares Stück Knete oder ein ganz und gar unbeschriebenes Blatt. Idealerweise sucht man sich gleich einen Hund, den man gar nicht sooo sehr formen muss. Weil seine Gene und damit die zu erwartende Veranlagung zu den eigenen Bedürfnissen passen.

Eine blöde Idee dagegen ist, zu glauben, man könnte erfolgreich gegen das Wesen des Hundes arbeiten. Wer sich einen unbedingt einen Akita Inu holen muss, der sollte sich klar sein, dass der, einmal erwachsen, selten mit anderen Hunden verträglich ist. Und da nützt es gleich mal gar nix, ihn ein bisschen in die Welpengruppe zu zerren und ganz prima zu sozialisieren.
Wer sich einen eigenständigen Jäger holt, kann einfach nicht mit soviel Kooperationsbereitschaft und "am Mensch kleben" rechnen, wie wenns ein Hund ist, der auf die Zusammenarbeit mit dem Menschen selektiert wurde. Der Beagle z.B. wird ein Hund bleiben, der tendenziell gerne mal über Stunden eigene Wege geht, dafür ist er gezüchtet - egal, wie sehr man das "von Anfang an in richtige Bahnen lenkt".

Natürlich gibt es Ausnahmen - in beide Richtungen. Es gibt den unverträglichen Labbi oder den nicht-auf Spur gehenden Beagle.

Trotzdem lohnt es sich, sich das Leben nicht selbst schwerer zu machen, als es sein muss. Auch, indem man auf eine gute Aufzucht achtet. Ein guter Züchter leistet soviel Vorarbeit, gibt dem Hund soviel mit, davon zehrt man das ganze Hundeleben lang.

Aber das drollige an dem "Formwillen" mancher Hundekäufer ist ja nicht,  dass man sich halt nicht vorstellen kann, was so ein Hund mitbringt. Was ich eigentlich amüsant finde, ist die Idee, dass man selbst das KANN. Den Hund so formen, wie man das möchte.

Kein Mensch würde sich als Reitanfänger ein Jungpferd kaufen und glauben, er könne das ohne Wissen und Erfahrung einreiten. Keiner will Auto fahren ohne ein paar Fahrstunden. Aber einen Hund "formen"? Easy.

Ich muss bei dem Spruch immer spontan dran denken, dass ja schließlich auch in jedem Steinblock ein schöner, nackiger Jüngling steckt, der nur darauf wartet, "geformt" zu werden.
Ist doch schön, wenn man sich seinen Steinquader von Anfang an so formt, wie man ihn gerne hätte.

Wenn Michelangelo das kann!


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