Empathie bitte

Ich lese (und schreibe gelegentlich)  ja gerne beim Frühstück ein bisschen im Hundeforum herum, und manchmal werde ich da schlagartiger wach, als ich es mir wünsche... Es gibt einfach Dinge, die treiben mir den Puls hoch.
Zur Zeit häufen sich mal wieder die "Mein Welpe beisst/nervt/ist noch nicht stubenrein..." Beiträge und offenbaren eine Einstellung zum Hund, die mich ein bisschen aufregt.

Dass man sich einen möglichst unkomplizierten Hund wünscht, das verstehe ich, das habe ich auch getan. Wenn man es vernünftig anstellt, kann das auch durchaus klappen. Hat es bei mir zumindest.

Allerdings - hätte ich diese Erwartungen gehabt, die manche Leute an den Tag legen, hätte ich meinen völlig unkomplizierten Welpen vielleicht auch als Nervensäge wahrgenommen.

Welpen, die ausschließlich an der Leine rauskommen, weder Sozialkontakt noch freie Bewegung haben, aber bitte schön lieb und brav zu sein haben, die restlichen 23,5 Stunden des Tages?

Welpen, die über Stunden in Kennels gesperrt werden - und das gefälligst lautlos zu ertragen haben?

Welpen, die mit Händen und Fingern gekrault, gepackt und traktiert werden - die aber bitte schön nur ja nicht jemals ihr Maul einsetzen sollen?

Knurren, Bellen, Herumtoben, in die Wohnung pinkeln, spitze Zähne an Schuhen oder Möbelstücken wetzen, Maulrangeln mit aufdringlichen Menschenhänden - ja, sowas tun Welpen eben. Die sind tatsächlich lebendig.

Da wird so ein kleines, gerade ein 2 Monate altes Lebewesen in ein völlig neues Leben geschmissen, ohne die Geschwister, raus aus der vertrauten Umgebung, und soll an der Leine gehen können? Soll schon wissen, was sein Spielzeug ist und was nicht? Soll schon wissen, wie fest man höchstens beissen darf? Was Nein und Aus und Komm bedeuten?

Und dann wird herum gewurschtelt, alle fünf Minuten eine neue Methode, "Ich habe alles schon ausprobiert!" und "Bei diesem Hund funktioniert das alles nicht!" heisst es dann. Nach zwei Wochen. Finde den Fehler.

Wenn so ein Hundekind dann überfordert, übermüdet oder gestresst ist, nicht zur Ruhe kommt und völlig am Rad dreht, dann ist Mensch natürlich erst recht genervt, dann wird geschimpft und gestraft und der Hund wird noch verunsicherter.

Und immer ist es der Hund, bei dem der Fehler gesucht wird. Ein erwachsener Mensch mit angeblich überlegener Intelligenz ist sauer auf einen Hund. Einen WELPEN. Weil der so blöd ist und mit voller Absicht dem Menschen auf den Keks geht.

Solchen Leuten erklären, was Empathie ist? Nä, hab ich ausprobiert. Funktioniert nicht.
Scherz.

Ich glaube, dass die modischen Versprechungen vom "idealen Familienhund" ganz falsche Erwartungen wecken. Da wird völlig normales Verhalten als Problem wahrgenommen. Und dann hat der Mensch Frust, weil sein Hund ja irgendwie "verkehrt" ist oder er selbst sich als Versager fühlt.

Manchmal muss man nur die etwas überidealisierten Vorstellungen gerade rücken und sagen: Hey, das ist normal.

Und wenn sich jemand über seinen ach so spitzzahnigen Schnappschildkrötenwelpen echauffiert, dann empfehle ich dieses Video - dagegen wirken doch die allermeisten Welpen zart und rücksichtsvoll... alles relativ!





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