Der will doch nur ein Leckerlie!

Hier ist Blacky, der nur ein Leckerlie will. Im Gegensatz zu Blacky, der mal eben quer durch's Feld düst oder einen Wildwechsel in Höchstgeschwindigkeit abläuft, Rennsemmel-Style.
In die Gegend glotzen - "Hey, ist da was?" und dann zu mir schauen "Hast du gesehen, wie toll ich dahin geschaut habe? Na? Keks??" Eine hübsche kleine Verhaltenskette.

Natürlich kommentieren das andere Hundebesitzer gerne mal. Dass der Hund dauernd Leckerlie will, dass er das nur für Futter macht usw. usw. Jeder, der viel belohnt, kennt diese  Bemerkungen zu Genüge.

Mich juckt das wenig, denn entscheidend ist für mich gar nicht, wofür Blacky irgendwas macht. Dass er nicht aus übergroßer Liebe und Treue zu mir darauf verzichtet, Rehen nachzusetzen, kann ich ihm verzeihen - was hat denn das eine mit dem anderen zu tun aus Hundesicht? Nix.

Entscheidend für mich ist, dass er in der Lage ist, darüber nachzudenken, was er haben oder tun  möchte. Und nicht blind irgendwelchen Impulsen nachgibt. Das heisst absolut noch nicht, dass er auf einen tatsächlichen Reiz nicht reagieren würde oder sich immer abbrechen lässt - da sind wir noch lange nicht! Aber jede Sekunde, die das Hundehirn angeschaltet ist, ist ein Stück mehr Impulskontrolle, ein wenig mehr Möglichkeit zur Einflussnahme für mich. Und das gucken, warten, checken, zu mir wenden - mit eingeschalteten Gehirnwindungen - wird immer mehr zur Gewohnheit.


Natürlich ist diese Verhaltenskette nicht das Endergebnis. Sie ist ein Zwischenstadium. Anfangs wirkt es sogar, als hätte man alles noch schlimmer gemacht. Statt in jeden fünften Wildwechsel reinzurennen, hat der Hund plötzlich jeden Wildwechsel angezeigt, richtiggehend danach gesucht. Aber eben nicht mehr, um hektisch und kopflos zu rennen, sondern um sich umzudrehen und eine Belohnung zu fordern. Also eine komplett andere Motivation - und eine, die extrem viel leichter abzubauen ist, als die ursprüngliche Motivation, zu hetzen. Wenn das Anzeigen von spannenden Dingen am Wegesrand nach und nach seltener belohnt wird, wird es auch uninteressanter. Inzwischen macht Blacky das nur noch, wenn er gerade nichts besseres zu tun oder Lust auf eine Belohnung hat.
Manchmal belohne ich das Anzeigen nicht mit Leckerlie, sondern mit Freigabe: Blacky zeigt an, sucht Blickkontakt und darf daraufhin ein Stück reinlaufen und sich umschauen. Und siehe da: so kann er auch das überlegt und kontrolliert tun und lässt sich stoppen und wieder rausrufen.

Das ist nun weiß Gott keine "neue Trainingsmethode", die ich hier propagieren will. Jeder Hund reagiert anders, bei jedem liegt die jagdliche Motivation anders, und ein echter Jäger, der wirklich aufs Wild aus ist und nicht nur aufs Rennen, wie Blacky, lässt sich so wohl auch nicht beeindrucken.
Aber ich finde unsere Erfahrung ein gutes Beispiel dafür, dass solche Verhaltensketten eine nützliche  Sache sein können - und dass es ein ausgesprochen gutes Zeichen ist, wenn der Hund anfängt, Herrchen oder Frauchen für ein Leckerlie "zu manipulieren" oder "zu veräppeln", wie viele das nennen würden.

Ganz typisch, wenn man den Rückruf eifrig übt und der Hund plötzlich dauernd zum Schein losdüst, nur um gerufen zu werden. Wie cool ist das denn - ein Hund, der seinen Verstand einsetzt, um so ein kompliziertes Manöver durchzuführen und dabei in Gedanken bei seinem Menschen und dessen Hosentasche ist, ist wesentlich leichter zu beeinflussen als einer, der an nichts anderes denkt als den nächsten Hasen oder Nachbarshund.

Man muss halt nur was draus machen.






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