Warum eigentlich Rudelstellung?

Dass ich mit den vererbten Rudelstellungen nicht viel anfangen kann, ist wohl deutlich geworden. Warum beschäftigt es mich dann so? Ich rege mich ja über andere seltsame Theorien auch nicht so auf. Und es dürfte völlig klar sein, dass man Anhänger dieser Theorie mit Argument oder Logik nicht überzeugen kann, dass ihre Glaubenssätze falsch sind. RS ist ein Ideologie in Reinkultur, und es ist ein wohlbekanntes Phänomen, wie Ideologien funktionieren. In der Soziologie ist der Prozess, wie sich Ideologien gegen Widersprüche und Gegenargument abschotten und immunisieren, so der Fachbegriff, gut erforscht und erklärt.

Es interessiert einen RS-Anhänger nun mal auch überhaupt nicht, was die Wissenschaft dazu zu sagen hätte, weder die Verhaltensbiologie, noch Mendel oder Darwin, es ist völlig wurscht, dass der Hund überhaupt nicht in Rudeln lebt, sondern mit und vom Menschen - er wandert nicht, er jagt nicht im Verband, denn er lebt beim Menschen oder in dessen Nähe und wird vom Menschen ernährt oder lebt von dessen Abfall.  Der Hund schliesst sich lediglich, wenn er nicht im menschlichen Haushalt lebt,  instabilen und vorübergehenden Zweckgemeinschaften an. Hunde kooperieren selten miteinander, weil sie es gar nicht müssen. Semi-solitär nennt man diese Lebensweise.

Es ist also völlig egal, ob die Ideologie wissenschaftlich ist, oder logisch, oder empirisch untermauert. Warum ist sie dennoch so erfolgreich? Findet Anhänger, die viel Geld bezahlen, die ihre Hunde abgeben, die klaglos hinnehmen, dass es sich um Geheimwissen handelt, dass nur eine Person besitzt?

Das ist ein Gedanke, der mich beschäftigt - und dazu bewogen hat, ein bisschen ausführlicher im Rudelstellungssforum zu lesen. Es wäre zu einfach, zu glauben, dass alle Anhänger dieser Theorie einfach alle nur dumm sind. Auch wenn ich - nach wie vor - nicht denke, dass doch "was dran" ist. Ich glaube aber, ich verstehe jetzt ein wenig besser, was der Reiz an der Sache ist und warum diese Ideologie so gut funktioniert. Denn sie liefert etwas, das viele Hundehalter verzweifelt suchen.


Die Klientel - Mehrhundehalter

Wen spricht das Ganze überhaupt an? Zuerst mal Hundehalter, die Probleme haben/hatten. Vor allem Mehrhundehalter. Da kann man tragische, schlimme Geschichten lesen. Von völlig unharmonischen Hundegruppen. Von Beissereien. Und vor allem davon, dass die Halter diese Gruppen - oder von mir aus Rudel - nicht zu führen wussten.

Oft wurden Hunde zusammengeworfen, die gar nicht zusammen passten. Sei es die klassisch schwierige Konstellation Wurfgeschwister, oder Mutter-Tochter. Oder der verhätschelte deutsche Sofahund bekommt den überlebenskampfgestählten Strassenhund vorgesetzt. Der alte Hund den Welpen, mit dem er überfordert ist. Ein ohnehin unsicherer Hund einen weiteren Angsthund, den er nun auch noch verteidigen und beschützen muss. All das KANN gut gehen - unter kompetenter Führung des Menschen. Nun fehlt es den meisten Leuten sowieso schon an dem Willen, den Hund zu führen. Oft kam der Zweithund ja gerade deshalb, weil man sich erhoffte, der Ersthund würde dadurch umweltsicherer werden. Es gibt sogar Hundetrainer, die zu so etwas raten, was ich unverantwortlich finde. Einen Zweithund sollte man sich zulegen, wenn mit dem ersten alles gut ist. Meine Meinung.

Die Hunde werden zusammengeworfen, haben zu wenig Platz sich aus dem Weg zu gehen, es werden ständige Konkurrenzsituationen um Futter, um Aufmerksamkeit, um Spielzeug, um Liegeplätze geschaffen, es werden Konflikte einfach zugelassen - die Hunde werden das schon klären. Das Ergebnis ist oft genug Stress. Aus genug Stress werden ernsthafte Auseinandersetzungen. Aus genug Auseinandersetzungen werden ernsthafte Feindschaften, die sich nicht mehr rückgängig machen lassen, die zu gefährlichen Angriffen führen können. Oder ein Hund tritt den inneren Rückzug an, wird regelrecht depressiv. Oft kommt es auch zu vermehrten Problemen mit Umweltreizen oder fremden Hunden. Das ganze Rudel gerät ausser Kontrolle.

Mehrhundehaltung ist anspruchsvoll und schwierig. Umso mehr, je schlechter die Hunde in Rasse, Neigungen, Sozialisierung und Temperament zusammenpassen.Nun ist es aber böse böse böse, einen Hund abzugeben, weil er nicht "passt". Auch, wenn das der einzige richtige Weg wäre.

Aber jetzt ist alles anders, denn mit RS kommt ein Ausweg! Endlich muss man sich nicht mehr sagen: Ich habe Scheisse gebaut. Ich habe die falschen Hunde zusammengeschmissen, ich habe das Rudel falsch oder gar nicht geführt, ich bin nicht mal fähig einen Hund zu führen, wie soll ich das mit Dreien (Zweien, Fünfen....) schaffen. Nein, man kann einfach sagen: Oh ich Arme, ich kann nichts dafür, ich habe zwei NLH! Einer muss weg! Das tut mir so leid, aber ICH kann nichts dafür. Die heilige Barbara hat es gesagt (und ja, oft genug hat sie damit wahrscheinlich auch Recht...und der eine oder andere Hundetrainer hat vielleicht vorher schon dasselbe gesagt, wurde aber dafür umgehend gefeuert, weil er keine so hübschen Buchstaben zur Erklärung hatte. Sondern nur ein: Das ist Mist, was hier läuft, Schluss damit! Und wer will das schon hören.)

Keine Schuldgefühle mehr! Am besten findet man gleich noch passende neue Rudelmitglieder. Und wie geht das? Erst mal durch Einschätzung von Barbara Ertel. Hmm.

Aber dann - ganz wichtig! Die Hunde müssen nicht nur in den Stellungen passen - auch Alter, Körpergröße und die Frage, ob sie stellungschwach sind oder stellungsstark ist wichtig, und ob sie sich mögen. Ein stellungsschwacher (ich übersetze das mal mit schlecht sozialisierter und unsicherer) Hund sollte keinen Welpen dazu bekommen, weil dieser sich sonst nicht gut entwickeln kann. Ach was. Ich nenne das: Schaut sich den Mist vom Althund ab. Nicht gut. Außerdem ist es wichtig, dass die Hunde sich auf neutralem Boden kennenlernen dürfen. Dass sie genug Zeit bekommen. Dass man eine Vergesellschaftung so plant, dass man sie auch für gescheitert erklären kann und den neuen Hund zurückgeben kann, wenn es nicht klappt. Was übrigens laut der RS-Homepage auch bei passenden Stellungen vorkommt.

Hey, super! Ja, mal abgesehen von der Stellungseinschätzung von Frau Ertel (für 300 Euro oder so) kann ich das mal durchaus unterschreiben. Warum bitte macht das nicht jeder vernünftige Mensch so? Warum muss erst RS kommen, damit man VORHER darüber nachdenkt, ob die Hunde wohl zusammenpassen? Dann gäbe es nicht so oft so besch*** Mehrhundehaltung, und dann müsste man auch gar nicht erst einen Hund abgeben. Oder umtauschen. Oder einer Ideologie hinterherlaufen.

Und die Einzelhundehalter?

Auch da ist die Motivation, nach neuen Wegen zu suchen, Frust darüber, wie es jetzt läuft. Und Frust gibt es eine Menge. 

Es gibt heute in Deutschland mehr Hunde als je zuvor, und viele davon in der Stadt. Schon dadurch sind Probleme vorprogrammiert, denn man begegnet an jeder Ecke anderen Hunden, Problemsituation Nummer 1 für Hundehalter, und ist Massen von Umweltreizen ausgesetzt. Um damit klar zu kommen, braucht der Hund Schutz und Führung. Dass viele das nicht bekommen, weiß jeder, der schon mal eine beliebte Gassistrecke entlang gegangen ist. Was "Abschirmen" heisst, scheint kaum einer zu wissen, viele Hunde sind noch nicht einmal leinenführig, es wird gebellt und gepöbelt und die Halter wissen sich nicht zu helfen. 

Ein ganz normaler, netter und unkomplizierter Familienhund (ein Püdelchen vielleicht ;-) tut's auch nicht mehr. Heute kann man sich jede Rasse, die einem gefällt, und zwar meistens optisch, zulegen - Hütespezialisten sind die Modehunde schlechthin, weder Südafrika noch Sibirien sind zu weit weg... ich fahre gerne Rad, ich brauche einen Husky! Natürlich muss das nicht schiefgehen - aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Otto-Normal-Hundehalter mit der gewählten Rasse auf Probleme stösst, ist bei spezialisierten Rassen doch durchaus etwas größer. 

Oder man ist ein guter Mensch und importiert einen Strassenhund in eine Großstadtwohnung. Oder rettet einen Welpen aus einer Tötungsstation. Kein Problem - aber wer das tut, der sollte in der Lage sein, mit Angst, Traumata und Deprivationsschäden umzugehen. Man sollte sich nicht wundern, wenn man auf einmal einen Herdenschutzhundmischling im Hochhaus sitzen hat, oder einen leidenschaftlichen Jäger an der Leine. Es ist nicht (immer) einfach, einen Hund zu retten. 

Nun hat man also einen Hund, der evtl. nicht optimal ins Leben und in die Umwelt passt. Man geht in die nächste Hundeschule oder holt sich einen Trainer oder liest einen Stapel Bücher und dann versteht man gar nichts mehr... 

Das Problem mit der Erziehung

Tja. Warum wollen die Leute einen Hund? Weil sie ihn drillen wollen? Weil sie Pokale gewinnen wollen? Weil sie sich den ganzen Tag den Kopf zerbrechen wollen? Nein. Die meisten wollen einen netten und unkomplizierten Begleiter. Nur kein Stress. Verstehe ich völlig, das will ich auch. 
Nun ist die Anforderung "netter Begleiter" wirklich schwierig für den Hund. Der kommt ja nicht so auf die Welt. Viele Leute träumen aber davon "den Hund doch einfach Hund sein zu lassen", übersetzt heisst das: Ich habe keine Lust, mich anzustrengen.Wenn das aber nicht klappt, dann geht es in die Hundeschule. Und es gibt so viele schlechte davon. Und auch die guten können nicht massgeschneidert auf jeden eingehen. 

Wenn man im RS-Forum liesst, stösst man oft auf die Aussage: "Bevor ich auf RS gekommen bin, habe ich schon alles ausprobiert!" Das bedeutet: Man ist den verschiedenen Trends und Methoden eine Weile nachgelaufen und hat halbherzig herum probiert. Alles ausprobieren heisst, keine Linie drin, und das ist wirklich nicht gut. Denn es heisst auch, man hat nicht verstanden, was man da tut. Kein Wunder - in der Hundeschule lernt man Sitz und Platz, aber nicht wie man eine starke Beziehung zum Hund aufbaut. Nicht, was der SINN von Sitz und Platz ist. Dass es nicht darum geht, dem Hund sinnlose Befehle zu geben, sondern ihn zu führen. Sitz heisst doch nicht: Popo runter. Sitz heisst: Jetzt bleib mal einen Moment genau da, wo du bist, das ist wichtig (weil ein Auto kommt, weil irgendwas es erfordert). Oder der Rückruf: Es geht doch nicht darum, ein Kommando anzudressieren (Der weiß doch genau, was Komm! bedeutet! Warum kommt er denn nicht?) Es geht darum, dem Hund klar zu machen: Schnell zu mir, ich habe einen Grund dafür, ich muss dich beschützen! Oder: Es ist nicht gut, wenn du dahin läufst - aber es ist gut, wenn du bei mir bist!

Viele Leute haben ein großes Unbehagen damit, Kommandos zu pauken. Selbst dann, wenn es positiv geschieht. Ich verstehe das - auch positive Verstärkung bleibt blutleer und hat den Geschmack von Dressur, wenn es nicht der Beziehung nützt, sie stärkt. Beziehung bekommt man nicht nur durch Kommandos und auch nicht durch Belohnung. Beziehung bekommt man durch souveräne, faire und liebevolle Führung. Alle Methoden sind nur Hilfsmittel, und wenn sie falsch oder ohne den richtigen inneren Fokus ausgeübt werden, dann sind sie wirklich nur schlechte Dressur.

Oh, aber Führung - das riecht nach Dominanz, nach Strafe, nach Einschränkung! Das will auch keiner (mehr). Den Hund einzuschränken ist ausser Mode. Dabei ist es für den Hund so einfach, zu verstehen, wenn man ihm einfach mal den Weg abschneidet, ihn "blockt", körperliche Grenzen setzt - aber auch das muss mit der richtigen Einstellung geschehen, es muss einen Grund haben. Darf keine Schikane sein.
Hunde reagieren viel stärker auf unbewusste Signale, als auf Kommandos, Belohnungen oder Strafe, die nur aufgesetzt sind, die keine echte Bedeutung haben. Und wenn Hundehalter nur mechanisch irgendetwas ausführen was sie gehört oder gelesen haben, aber selbst nicht wirklich verstehen, was sie da eigentlich tun, dann wird das der Hund mit der Zeit einfach ignorieren. 

So, und wie wird nach RS erzogen?

Erst mal wird "entschleunigt". Heisst: man soll Umweltreizen aus dem Weg gehen. Keinen Hundekontakt mehr. Wenn möglich, keine Leine. Keine Kommandos. Man soll den Hund machen lassen. Er bestimmt den Weg, er darf schnuppern, so lange er will. Man schraubt die Anforderungen an den Hund und eigene Führung also erstmal extrem herunter. Ja, da gibts dann erst mal keine Probleme mehr.... Hmm. Ist das die Lösung? Für mich nicht - aber sicherlich mag es für den Anfang sinnvoll sein, den Hund und sich selbst nicht mehr permanent zu überfordern. Ob man dazu unbedingt RS braucht, um auf den Trichter zu kommen, dass man einen nervösen Hund erst mal in die Ruhe bringen sollte, dass man Umweltreize nach und nach steigern sollte und dass Hundekontakte kontrolliert und überlegt sein sollten? Aber woher soll das jemand wissen, der in der Welpenstunde gelernt hat: Oh, die spielen nur, nicht eingreifen, die machen das unter sich aus! Ich kenne so viele Leute, die lächelnd daneben stehen, während ihr Hund gemobbt wird, die Angst für Frechheit halten und Abwehr für Dominanz. Dass es denen wie Schuppen von den Augen fällt, wenn sie erkennen, wie sich ihr Hund wirklich fühlt, ist kein Wunder. Wie schade, dass man das nicht in jeder Hundeschule lernt.

Zweitens wird in der RS - Schule nicht kommandiert, sondern dem Hund alles erklärt. Und zwar ruhig und in ganzen Sätzen. Meine erste Reaktion: Wasn das fürn Scheiss. Dabei rede ich doch selbst soviel mit meinem Hund...warum eigentlich? Ich dachte immer, weil ich halt ein Mensch bin, der eh viel redet. Ich musste darüber nachdenken, was dahinter steckt. Warum so viele Hundehalter im RS-Forum schwören, ihr Hund würde sie jetzt endlich verstehen. Ich glaube nicht, dass Hunde Sprache verstehen, auch stellungsstarke oder sonstwie Hunde nicht. Aber: Hunde können Gedanken lesen, oder besser: Fokus. Das wichtigste an der Kommunikation mit einem Tier ist es, dass man genau weiß, was man eigentlich kommunizieren möchte. Was man will: Das ist Fokus. 

Ich kenne es vom Reiten (da kommt der Begriff auch her, aus dem Natural Horsemanship). Ich hatte lange ein Problem mit dem Galopp mit meinem Pony. Oft wollte sie nicht angaloppieren. Obwohl ich mich so sehr darauf konzentriert habe, die richtigen Signale zu geben und positiv zu bestärken! Aber mein Fokus war nicht richtig. Ich WOLLTE tief drin gar nicht galoppieren, aus Angst. Es hat lang gedauert, bis ich das wirklich verstanden habe. Aber wenn ich jetzt einen Weg entlang schaue und einfach denke: Da will ich jetzt flitzen - dann geschieht das einfach, völlig egal, ob mein Bein jetzt genau hier oder dort Druck ausübt. Oder meine alte Stute - Halten aus dem Trab konnten wir nie vernünftig. Bis mir meine Sonnenbrille im Trab von der Nase rutschte und ich einfach nur sofort anhalten wollte. BUMM. Da stand sie. Mein Fokus: Sofort Anhalten! kam bei ihr direkt an.

Und nicht nur "Das will ich" ist wichtig, auch das Warum. Mein Pony ist einfach nicht davon zu überzeugen, dass es Sinn hat, Runde um Runde in der Reithalle zu galoppieren. Sie versteht das nicht, und ich ehrlich gesagt auch nicht (Fokus, mal wieder...). Und sie will verstehen, warum wir etwas tun. Sie will respektiert werden. Ich erkläre es ihr nicht in Worten, aber wenn ich ein sinnvolles, begründetes Anliegen habe (wir müssen jetzt sofort anhalten, weil du sonst auf die Sonnenbrille trittst!) dann klappt es eben eher, als wenn ich einfach nur sage: Weil ich das will und basta! Warum auch immer. Es ist so. Bei Blacky weniger, der hat eben den vielbeschworenen Will-To-Please - aber bei Bonni ist das extrem. 
Ach ja und Respekt: ich habe irgendwann angefangen, beim Loben nicht mehr zu denken: Braves Pony! Das passt nicht zu meiner stolzen, starken Bonni. Ich sage (innerlich) Danke! Und ich schwöre, es ist ein gewaltiger Unterschied. 

Dem Hund etwas zu erklären, heisst vielleicht nichts anderes, als sich darüber klar zu werden, was man eigentlich von ihm will. Und mit dieser Klarheit kommt dann ein Fokus, den der Hund lesen kann. Und es bedeutet, ihn zu respektieren, weil man sich selbst fragt: Warum will ich das  überhaupt von ihm? Auch für den richtigen Fokus, den Respekt und die klare Kommunikation mit dem Hund bräuchte man keine RS-Ideologie. Man bräuchte guten, einfühlsamen, herzlichen Unterricht. Gesunden Menschenverstand. Man bräuchte Trainer, die sich überlegen, was die Menschen sich eigentlich wünschen. Dass sie vielleicht ihren Hund gar nicht "auslasten" möchten, sondern Freude mit ihm haben.

Auslasten - noch so ein Stichwort. Hundesport scheint unter RS-Anhänger eher weniger populär zu sein. Tenor ist: Für die meisten Hunde ist der Hundeplatz einfach eine Tortur. So unwahrscheinlich ist das nicht. Wenn Menschen, die schon den ganz normalen Alltag mit dem Hund nicht ohne Stress und Spannung bewältigen können, dem Hund dann auch noch hochkomplexe Aufgabenstellungen abverlangen, klingt das nach nur noch mehr Stress. Die Voraussetzung für komplexe Arbeit ist, dass die einfachen Dinge wirklich gut klappen, dass man eine starke Verbindung hat, und dass man seinem Hund auch irgendwie begreiflich machen kann, wozu man tut, was man da tut. Und sei es nur die gemeinsame !! Freude daran.  

Aber ganz ohne Eingreifen kommt auch RS nicht aus. Oh Wunder, mit der Erkenntnis, dass man einen "Vorneweg" Hund hat, kommt dann auch die Erkenntnis, dass man den vielleicht mal nach vorne begrenzen sollte. Damit er weiß: Ich regele das! Wenn man weiß, dass der Hund bestimmte Begegnungen bedrohlich findet, soll man ihn abschirmen. Unter dem Strich: Dem Hund die Verantwortung abnehmen. Ihn Führen. Komischerweise scheinen Leute, denen jegliches "Bevormunden" und "Kontrollieren" des Hundes immer zuwider war, damit plötzlich keine Probleme mehr zu haben. Vielleicht, weil sie vorher nie verstanden haben, dass sie ihren Hund nicht schikanieren sollen, sondern ihm Sicherheit geben. Erst mit den richtigen Buchstaben wird das wohl auf einmal klar. 

Denn RS ist - meiner Meinung nach - etwas für NNMs. Nichtdenkende Nachlauf Menschen. Die es erst nicht schafften, in der Hundeschule für sich und ihren Hund einzutreten und meinten, mit Wasserflaschen werfen zu müssen, weil es ihnen jemand so erzählt hat. Die nicht selbst auf ihr Bauchgefühl hören wollen und ihren eigenen Verstand einschalten. Die eine Rechtfertigung für jede Entscheidung suchen und die Verantwortung für ihr Handeln - und sei es die Abgabe eines Hundes - nicht selbst tragen möchten. Und die nun wieder allzu gerne glauben möchten, dass sie nie wieder Probleme haben werden, wenn sie ihrem NLH nun endlich einen MBH zur Seite stellen, oder so. 

Wie auch immer: Gäbe es nicht so furchtbar viele unüberlegte Hundeanschaffungen, schlechte Hundeschulen und abstruse Erziehungsmethoden, vielleicht bräuchte dann auch niemand die Ideologie der vererbten Rudelstellungen.

10 Kommentare:

  1. Ich lese Deine Beiträge zur Rudelstellung und hoffe, ich habe nichts überlesen....

    Ich frage mich, ob nur Frau Ertel( mit Frau Nowak) diese Auffassung vertritt oder auch andere etablierte Hundetrainer, - psychologen, Wissenschaftler etc.

    In der Regel hat eine Stimme doch nicht so viel Gewicht....Oder ist es so wie mit den Hundewelten? Da hört man ja auch, dass nicht unumstrittene Ansätze durch Ausbildung von Beratern in die Masse getragen werden...

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke



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    1. Ich denke, es ist vor allem dem ZDF und Frau Nowak zu verdanken, dass das solche Wellen schlägt.
      Thomas Baumann hat sich auch als dem Ganzen zumindest zugeneigt geäussert - mit vielen kritischen Anmerkungen zwar, aber doch.

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  2. Ich interessiere mich ja immer für alle Themen der Mehrhundehaltung. So wllte ich auch einmal bei Maja Nowak ein Rudelseminar machen ! Was mich davon abhielt ? Der Preis ! 350,- € pro Person mit Hund und 100,- Euro drauf für jeden Hund.( Dazu muß ich dorthin fahren und Reisekosten und Übernachtung mit einkalkulieren). Das würde bedeuten, komme ich mit 6 Hunden liege ich bei 850,- € ! Bei anderen Seminaren zahle ich zwischen 120,- (Roland Schmitz und wirklich gut und hilfreich) bis Thomas Baumann (sehr theoretisch, hochinteressant aber wenig praktische Hilfe für den Alltag) 350,- . Auch diese Trainer beurteilen die einzelnen Hunde und ihre Beziehungen zueinander.
    Hier wird also die von dir so treffend beschriebene Hilflosigkeit oder sagen wir besser , der Wunsch nach einer Problemlösung finanziell ausgebeutet. Und das ist unmoralisch !
    Natürlich wäre immer die Antwort : Das ist Marktwirtschaft, wenn die Leute es zahlen ......
    Ja, aber würde es nicht durchs ZDF propagiert und legalisiert würden die Menschen sicher kritischer hinschaun was es ihnen wirklich bringt so viel Geld auszugeben.
    Grüße vom Glückspudelrudel
    Karin

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  3. Super geschrieben und auf den Punkt gebracht, in allen Facetten! Bravo!

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  4. Ich möchte auch einfach alles nur unterschreiben!
    Ludmilla

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  5. Ich halte diesen Rudelstellungsunsinn schlichtweg nur für Geldschneiderei, und bin da voll Deiner Ansicht! Kompliment auch für die ausführliche und echt gut geschriebene Ausfuhrung, bin sehr beeindruckt.
    Ich hätte jetzt aber eine Frage. Was hältst Du vom Clicker-Training?
    Meine Gipsy ist eine wunderbare Schnauzermischlingshündin aus dem Tierheim. Ich habe sie seit 2 Jahren, sie konnte wirklich kein einziges "Kommando" (gefällt mir nicht, das Wort), also weder Sitz noch sonst etwas. Das haben wir nun mit viel Geduld und Freude aneinander hinbekommen. Was für mich jetzt noch ein Problem ist - Gipsy hört nicht auf zu bellen, wenn es an der Türe läutet. Sie meldet nicht nur kurz, nein, sie bellt und bellt, bis der Postbote z. B. wieder gegangen ist. Bei Besuchern ebenso, ist aber der Besucher erst in der Wohnung, hört das Bellen schlagartig auf.
    Ich habe nun sehr viel über das Clicker-Träining gelesen und mir gestern so einen Knackfrosch gekauft, wollte es einmal damit versuchen.
    Hältst Du das für sinnvoll?
    Für Antwort wäre ich sehr dankbar.
    Liebe Grüße von Brigitta

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  6. Schön geschrieben. Habe ich richtig gerne gelesen. Nicht nur weil es sehr stark das widerspiegelt, was ich auch zu dem Thema denke. Man merkt, hier hat sich wirklich jemand Gedanken gemacht und das Ganze gut auf den Punkt gebracht.

    Danke dafür.
    Grüße, Julia.

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  7. Wunderbar auf den Punkt gebracht, danke dafür!

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  8. Vergessen - wen es interessiert: Der VDH hat inzwischen auch reagiert

    http://www.vdh.de/news/artikel/rudelstellung/

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  9. Sehr treffend geschrieben und das Wollknäuel-Foto ist total goldig. Was Wurfgeschwister und Mutter - Tochter betrifft: wir haben zwei Jungs aus einem Wurf behalten, das war nie ein Problem untereinander und mit anderen Hunden, jetzt gerade Mutter und Tochter - auch kein Thema. Wenn es der Mutter zu bunt wird, sagt sie kurz ihre Meinung und dann ist gut. Vielleicht haben wir da einfach nur Glück gehabt .. Allerdings sind die Kleinen von Anfang an bei uns aufgewachsen und nicht traumatisiert - Erschreckend finde ich die Erfahrungsberichte und wie sich Leute bedingungslos dieser "Sekte" anvertrauen und bereit sind, ihre Hunde mit denen sie viel Zeit verbracht haben, einfach einzutauschen.

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